Heinze ArchitekturAWARD 2025: Teilnehmer
what when the pumps stop?
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: TU Berlin, Universität Leipzig, Felix Ridder
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Fertigstellungstermin
03.2024
Zeichnungen und Unterlagen
Beschreibung
Objektbeschreibung
Die Arbeit entstand im Rahmen eines Masterstudios der Landschaftsarchitektur an der TU Berlin.
Aufgabe war es, visionäre Konzepte für den Metropolraum Berlin-Brandenburg in Zeiten der drohenden Wasserknappheit aufgrund des Klimawandels und des Kohletagebaustopps in der Lausitz zu entwickeln – interdisziplinär, kreativ, prozesshaft, klimaangepasst und optimistisch. Laut Umweltbundesamt (2023) droht der Spree mit dem Kohletagebaustopp in der Lausitz akuter Wassermangel. Derzeit speisen sich bereits 50-70 Prozent des Spreevolumens bei Cottbus aus abgepumptem Grundwasser der Lausitzer Tagebauten, an heißen Sommertagen sogar bis zu 75 Prozent! Der Tagebauausstieg dort ist für 2038, nach aktuellen Debatten vielleicht schon für 2030 vorgesehen.
Wasser, bzw. wetness dient in der Arbeit nicht nur als limitierende und begrenzt verfügbare Ressource, sondern als Entwurfskonzept und verbindendes Element. Es illustriert anschaulich Zusammenhänge, nicht nur von Berlin und Brandenburg, sondern auch von belebter und unbelebter Umwelt. Der Entwurf entstand disziplinübergreifend aus einer Kooperation aus Landschaftsarchitektur, Ökologie und Umweltplanung und urbaner Geographie.
Leitidee
Kohleausstieg in der Lausitz bedeutet Wassermangel in Berlin.
Wie entwickeln wir aus diesem Szenario eine ganzheitliche, positive Zukunftsvision mit realistischen Lösungsansätzen? Wie etablieren wir durch intelligente Planung Praktiken, die einen neuen Umgang ermöglichen, ohne dabei auf Lebensqualität zu verzichten?
Wir sind überzeugt, dass die Fragen durch lokales kollektives Bewusstsein und Handeln gelöst werden können. Dafür braucht es Sichtbarkeit der Kreisläufe & Integration in diese. Partizipation ist dabei kein limitiertes Beteiligungsformat, sondern eine tägliche Praxis & Erfahrbar-Werden von Relevanz des eigenen Handelns. Es entsteht eine Veränderung der Praktiken & Beziehung zwischen belebter und unbelebter Umwelt. Wir sind Teil dieser Umwelt.
Wasser bildet den zentralen Kreislauf, ein fließendes, prozesshaftes Momentum im Sinne einer metabolischen Stadtentwicklung. Der Begriff Wetness erweitert unser Verständnis von Wasser um seine verschiedenen Zustände, als alles verbindendes Element.
Erläuterungstext
In unserem Konzept geht es um Fragestellungen der Verteilung von Ressourcen in einem über:morgen, in dem sich der Begriff des Werts von einem ökonomischen Verständnis hin zu einem Bewusstsein über soziale und ökologische Werte verschoben hat. In dieser Gesellschaft erscheint ein lineares kurzfristiges Verständnis von Wertschöpfung abwegig.
Unser Quartier lebt von Kreisläufen, die alle Dimensionen des Raums durchziehen. Insbesondere der Wasserkreislauf wird dabei zum sichtbaren und verbindenden Symbol. Prozesse wie die Abwasseraufbereitung werden im Stadtraum sichtbar – Wetness is everywhere! Der Ansatz, Wetness als eigenen Akteur zu begreifen, manifestiert sich besonders an einem wichtigen Ort unseres Quartiers: Dem Wetness Forum. Dort finden Wetness und soziale Interaktion in den Nutzungen zusammen. Wasser wird in seiner Relevanz als Schlüsselressource hervorgehoben. Im Kreislauf wird Grauwasser aufbereitet und wiederverwendet, Regenwasser gespeichert, Schwarzwasser separiert und zu Wasserstoff oder Dünger verwertet. Der Kreislauf wird fortwährend durch die Wasseruniversität und die dazugehörigen Reallabore an der Spree erforscht.
Ein weiterer Ort sozialer Interaktion ist das Polis Forum. Hier werden unter anderem die landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Quartiers gehandelt. Beim Anbau dieser kommen Methoden wie vertikale Landwirtschaft, Hochbeete oder Dachgärten mit Gewächshäusern zum Einsatz. Die alten Zementwerk-Silos an der Spree werden zur Pilzzucht und zur Forschung genutzt.
Für einen nachhaltigen Umgang mit Material gibt es Angebote für Re- und Upcycling. Im
Fab Lab können Gegenstände mit Hilfestellung kostenlos repariert werden. Auch hier gibt es Begegnung und Wissensaustausch. Die für den Aus- und Umbau des Quartiers benötigten Baustoffe werden im Materiallager gesammelt, wiederaufbereitet und einem neuen Verwendungszweck in der metabolischen Stadt zugeführt.
Lokale Energieproduktion wird durch die Umwandlung eines Teils des bestehenden Heizkraftwerks in ein Wasserstoffkraftwerk möglich. Windräder werden entlang der nördlichen Gleise platziert. Solarenergie wird auf den Dächern des ICE-Werke und vereinzelt im Gleisbett genutzt.
Der urbane Sukzessionswald, die Spreeaue und der Plänterwald sind die lebendigen Räume, in die sich das Quartier einbettet. Über die Jahre entwickeln sich hier Ökosysteme mit einer Vielfalt an Lebensräumen und Arten. Der Plänterwald wird zu einem Eichen-Hainbuchen-Mittelwald umgebaut, um dem Klimawandel und der Grundwasserabsenkung standzuhalten. Mittelwälder sind besonders artenreich. Entlang der Spreeufer entsteht ein Auwald mit Schwarzerlen und Weiden. Im einstigen Flussbett gedeihen Weidengebüsche und Flutrasen. Die Ökosysteme bilden einen durch den Menschen moderierten Kreislauf im Sinne des Zyklus Mosaik Konzepts: Strukturreiche Wälder mit unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Zur Offenhaltung wird Holz geschlagen und anaerob verkohlt, um als Terra Preta in die landwirtschaftlich genutzten Böden eingebracht zu werden. Dies erhöht die Fruchtbarkeit. Im Gleisbett im Nordosten des Gebiets werden Fels- und Trockenrasen etabliert. Die Walduni begleitet diese Prozesse wissenschaftlich.
Die städtebauliche Gestaltung des Quartiers sieht eine konsequente Nutzungs- und Funktionsmischung im öffentlichen Raum, aber auch den einzelnen Gebäuden vor. Das bauliche Konzept urbaner Stadthaustypen, die in einem Grid ausgehend vom Kraftwerk angeordnet werden, stützt den metabolischen Charakter des Entwurfs. Die Anzahl der Geschosse nimmt dabei, ausgehend vom Kraftwerk, in Richtung der Spree und der Waldfläche ab. Dies trägt dazu bei, innerhalb der Räume divergierende Atmosphären und Geschwindigkeiten zuzulassen. In den Gebäudebestand rund um das Kraftwerk wird so wenig wie möglich eingegriffen, um die einzigartige Struktur des anthropozänen Erbes sichtbar zu halten und material-sensibel zu agieren. Die Abstimmung relevanter Fragen der weiteren baulichen Entwicklung und der kollektiven Organisation werden im Quartiersparlament ausgehandelt.
Erschlossen wird das Quartier auf mehreren Ebenen. Die Rohrleitungen werden zu begehbaren Stegen aufgestockt und funktional umgenutzt, um Abwasser und Brauchwasser zu leiten. Durch eine Brücke über die Gleise wird die bestehende S-Bahnhaltestelle Betriebsbahnhof Rummelsburg an das Quartier angeschlossen und bildet mit der Tramlinie vom Ostkreuz das Mobilitätsgerüst. Kraftfahrzeuge erhalten nur in Ausnahmen über das befestigte Wegenetz Zugang zum Quartier. Primär dient es als Fahrrad- und Fußweg. Sekundäre Trampelpfade erschließen die Gebäude und unterstützen den prozesshaften Charakter. Viel genutzte Wege werden Teil der Primärerschließung. Maßgeblich ist eine positive Entsiegelungsbilanz.
Insgesamt existiert im Quartier keine starre Grenze zwischen Umwelt und Stadt. Stattdessen gibt es Raum für Kreativität und kollektives - nonhuman Actor einschließendes - Verantwortungsbewusstsein.
Beschreibung der Besonderheiten
Auszeichnungen
Schinkelpreis Landschaftsarchitektur 2024
competitionline CAMPUS Award 2025
Schlagworte
Objektdetails
Das Objekt im Internet
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