Heinze ArchitekturAWARD 2025: Teilnehmer
Vom Ziegel zum Licht – Das dritte Dach als Vermittler zwischen Alt und Neu
48151 Münster, Weißenburgstr. 24
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: ANDREAS SCHÜRING ARCHITEKTEN BDA
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Weißenburgstr. 24, 48151 Münster, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Erweiterung
Fertigstellungstermin
06.2025
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Bauweise
Mauerwerksbau
Tragwerkskonstruktion
Holz
Anzahl der Vollgeschosse
2-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
678 m³
Bruttogrundfläche
247 m²
Nutzfläche
194 m²
Verkehrsfläche
30 m²
Wohnfläche
128 m²
Grundstücksgröße
3.396 m²
Kosten
Veranschlagte Rohbaukosten des Bauwerks
85.000 Euro
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Die ehemalige Trainkaserne in der Weißenburgstraße ist ein Zeugnis kaiserzeitlicher Militärarchitektur. Das Reihenendhaus Nr. 24 – 1913 errichtet – bildet inmitten dieses Ensembles einen markanten städtebaulichen Ankerpunkt. Interessanterweise wirkt das Haus, das ursprünglich für Unteroffiziere errichtet wurde, in seiner architektonischen Ausformung kaum militärisch. Mit der fast zuckergussartigen Gliederung erscheint es eher verspielt und lieblich – ein Kontrast zur Strenge typischer Kasernenbauten jener Zeit.
Der Ziegelbau mit Anbau wurde in mehreren Schritten zu einem zeitgemäßen Wohnhaus mit Atelier umgebaut und erweitert. Ausgangspunkt war die Frage, wie man die historische Substanz respektvoll bewahren, gleichzeitigaber neue flexibel nutzbare Räume und Qualitäten schaffen kann, die der heutigen Lebensrealität entsprechen.
Kontext und Denkmalpflege
Im Rahmen der städtebaulichen Einordnung wurde das Gebäude von der Denkmalbehörde der Stadt Münster als ortsbildprägend eingestuft. Die Substanz ist nicht denkmalgeschützt im engeren rechtlichen Sinn, erfüllt aber die Kriterien kulturlandschaftsprägender Bauten. Inmitten der Spuren der historischen Kasernenbebauung entlang der Weißenburgstraße trägt das Gebäude wesentlich zum Charakter des Quartiers bei – ein Befund, der durch die Neuplanung aufgegriffen und gestärkt wird.
Entwurfsidee
Der neue Baukörper entwickelt sich als organischer Weiterbau des Bestands. Alt und Neu treten nicht als Kontraste auf, sondern gehen eine fließende Verbindung ein. Ein wachsender Übergang – aus dem festen Ziegelbau erhebt sich ein neues Volumen, das sich im Mansarddach zu einer gläsernen Laterne öffnet. Der Altbau bleibt ablesbar, wird aber in seiner Geometrie und Tektonik fortgeschrieben. Der Knick des Mansardendachs läuft sanft aus, und aus dem historischen Traufgesims entsteht ein schattenspendendes Vordach. Die historische Fassade wird zum Ausgangspunkt einer Bewegung, die im Dach ihr Licht findet.
Die verlängerte Dachform greift dabei auf eine Variante zurück, die sich auch innerhalb der historischen Kasernenanlage wiederfindet. Im Sinne einer multiplen Autorenschaft versteht sich der Entwurf nicht als singulärer Eingriff, sondern als bewusste Weiterführung vorhandener Spuren.
Raumkonzept und Tageslichtführung
Im Inneren öffnet sich das Gebäude nach oben: Ein zentrales Treppenhaus verbindet die Etagen und ermöglicht zenitalen Lichteinfall bis ins Kellergeschoss. Die neue Stahltreppe aus Schwarzstahl ist filigran gehalten und lässt das Zenitlicht durch alle Ebenen fließen. So entsteht ein inszenierter Weg durch das Haus, der oben unter dem Dach an einem offenen Atelierraum endet – ein Ort der Neugier, mit weitem Blick über die Dächer der Stadt. Die Glasfassade auf der Rückseite öffnet das Gebäude zur Gartenseite hin. Großzügige Dachüberstände und geschlossene Flächen auf der Südseite sorgen dabei für effektiven sommerlichen Wärmeschutz – auch in Abwesenheit eines konventionellen Sonnenschutzsystems. Der gezielte Lichteinfall der tiefstehenden Abendsonne verleiht den Räumen im Tagesverlauf eine atmosphärische Tiefe.
Low-Tech-Lüftung und Nachhaltigkeit
Statt auf aufwändige technische Anlagen setzt das Projekt auf ein Low-Tech-Prinzip mit maximalem passivem Nutzen. Durch den zentralen Luftraum und das offene Treppenhaus entsteht ein natürlicher Kamineffekt, der die Luftzirkulation auf allen Ebenen ermöglicht. In Kombination mit der Wärmespeicherfähigkeit der massiven Ziegelwände wird ein ausgeglichenes Raumklima über das Jahr hinweg erzielt – einfach, robust und dauerhaft wartungsarm.
Konstruktion und Material
Die tragende Struktur des bestehenden Anbaus konnte weitgehend erhalten bleiben. Aus Brandschutzgründen wurde sie durch eine dünne Betonscheibe zur Nachbarseite ergänzt, verputzt und in Farbe und Textur an den Bestand angepasst.
Das Mansardendach wurde geometrisch rekonstruiert, in seiner Kontur verlängert und als leichter Stahl-Holz-Hybrid neu errichtet. Holzbalkendecken entlasten die Bestandsstruktur; sichtbar bleiben innen nur Weißtannenflächen – alle Fügungen sind verdeckt. Eine Aufsparrendämmung verbessert die energetische Bilanz des Dachs.
Zurückgebaute Innenwände aus gut erhaltenem Backstein wurden vollständig recycelt. Nicht tragfähige Bereiche erhielten eine Kalkschlämme zur Angleichung der Textur. Die in den 1980er-Jahren aufgebrachte Außendämmung wurde entfernt, der freigelegte Ziegel gereinigt, überarbeitet und ebenfalls eingeschlämmt. Die Innenwände wurden zusätzlich diffusionsoffen gedämmt, um den bauphysikalischen Anforderungen gerecht zu werden, ohne die historische Substanz zu beeinträchtigen. Je nach Lichteinfall tritt die alte Wandstruktur reliefartig hervor – ein stilles Zeugnis der Baugeschichte. Nebenbauten und technische Anlagen auch außerhalb des Grundstücks wurden in einem gedeckten Grünton gehalten, wodurch sie sich harmonisch und dezent in das Gesamtbild einfügen.
Andreas Schüring
Nachhaltigkeit
Energetisches Konzept:
Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe bildet die zentrale Heiz- und Warmwasserquelle auf Basis erneuerbarer Umweltenergie ergänzt um einen Holzofen.
Eine geplante Photovoltaikanlage dient zur Eigenstromerzeugung und reduziert den bilanziellen Primärenergiebedarf signifikant. Damit wird angestrebt, die Einstufung in den Bereich Effizienzhaus 115 oder besser zu erreichen.
Die Belüftung erfolgt durch natürliche Fensterlüftung über den Kamineffekt im großen Luftvolumen zusammen mit einer effiziente Querlüftung für sommerlichen Wärmeschutz unterstützt.
Auf mechanische Klimatisierung wird verzichtet, um Betriebskosten, Energieverbrauch und Wartungsaufwand zu minimieren.
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energiestandard
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Umweltthermie (Luft / Wasser)
Sekundärenergie
Holz
Energetische Kennwerte
Primärenergiebedarf ("Gesamtenergieeffizienz")
145,00 kWh/(m²a)
Heizenergieverbrauchswert
115,00 kWh/(m²a)
Stromverbrauchswert
49,00 kWh/(m²a)
Energiebedarf (Prozentuale Verteilung)
Heizung
70 %
Warmwasser
25 %
Beleuchtung
5 %
Objektdetails
Das Objekt im Internet
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