Während Architekten andernorts mit kühnen Großformaten die Zukunft beschwören, zeigte sich die Architektur in Deutschland ab 2000 oft ernster. Die Architekturform entwickelt sich dabei entlang der emotionalen Debatten um die Einordnung des Vergangenen; gesellschaftliche Strömungen finden so ein bauliches Äquivalent: hier Rekonstruktion des Historischen, dort Reminiszenz an die klassische Moderne, die im Grunde selbst schon historisch ist. Beides folgt dem Ideal, das Wahre, Authentische und Identitätsstiftende einer sich in Veränderung befindenden Gesellschaft hervorzubringen. Die Ideen der Moderne finden sich auch in der Tübinger Cityvilla, gebaut von Steimle Architekten. Der monolithische Baukörper ist auf das Wesentliche reduziert: auf die Positionierung der Fenster für eine gute Belichtung im Innern und einen perfekten Ausblick in die Landschaft. Die Fassade mit Beton- und ALUCOBOND®-Elementen und mit Panoramafenstern reduziert Versprünge und Materialwechsel auf ein Minimum. Selbst die bündig gesetzten Fensterrahmen zeichnen sich nur noch als Linie ab. Das ganze Bauwerk entmaterialisiert sich, um den Raum selbst zu erweitern und um innen und außen miteinander zu verbinden. Mit glatten Flächen und dezenter Farbigkeit entsteht eine minimalistische Architektur mit großzügigen Gedankenräumen im Innern. Viel Platz für Reflexion über Vergangenes, Zeitloses und Überdauerndes, und über das seit Jahren die Architektur in Deutschland prägende Thema Nachhaltigkeit und Angemessenheit. Insofern kommen derzeit von hier kaum richtungsweisende Großutopien, wohl aber detailliert durchdachte, hochwertige und dezente Architekturprojekte.