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Architekturobjekte

Heinze ArchitekturAWARD 2025: Teilnehmer


"Lichtblick" - internistische Abteilung am Standort LKH Süd II in Graz

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Technische Universität Graz, Architektur, Laura Juch

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Technische Universität Graz, Architektur, Laura Juch

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Österreich

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

06.2025

Gebäudedaten

Bauweise

Holzhybridbau

Tragwerkskonstruktion

Holz

Anzahl der Vollgeschosse

3- bis 5-geschossig

Beschreibung

Objektbeschreibung

Aufgabenstellung
Im Rahmen des Masterstudios am Institut für Architektur und Holzbau mit der Semesteraufgabe „BEYOND WALLS – Holzarchitektur für das Gesundheitswesen von morgen“ war es Ziel, einen architektonischen Entwurf für eine internistische Abteilung am Standort LKH Süd II in Graz zu entwickeln. Der Fokus lag auf einer zukunftsweisenden Krankenhausarchitektur, die den steigenden Anforderungen an Flexibilität, Nachhaltigkeit und Menschlichkeit gerecht wird.
Basierend auf dem Raumprogramm sollte der Entwurf vier Stationen mit je 32 Betten, eine Intensivstation (ICU) mit 10 Betten, eine Ambulanz mit interdisziplinären Untersuchungsräumen sowie Bereiche für Verwaltung, Logistik, Technik und Personalunterbringung umfassen. Der Baukörper sollte sich als Solitär in das Gelände einfügen und maximal vier oberirdische Geschoße umfassen. Dabei stand die Verbindung von Funktionalität und Holzbau im Mittelpunkt – als Antwort auf die drängenden Fragen der CO₂-Reduktion und architektonischen Wandlungsfähigkeit im Gesundheitswesen.

Ort
Der Entwurfsort befindet sich auf dem Gelände des LKH Süd II im Grazer Stadtteil Puntigam. Das weitläufige Areal ist geprägt durch einen historischen Parkcharakter und eine Pavillonstruktur, in der sich verschiedene Abteilungen lose zueinander gruppieren. Die Nachbarschaft vereint moderne Krankenhausarchitektur mit denkmalgeschützten Altbauten. Das leicht geneigte Terrain liegt südlich der bestehenden Radiologie und der neurologischen Abteilung. Das Areal ist gut an den öffentlichen Verkehr sowie das innerstädtische Radwegenetz angebunden.

Entwurf:​ „Lichtblick“
Unser Entwurf „Lichtblick“ reagiert auf die örtlichen Gegebenheiten am Grundstück mit einer sensiblen architektonischen Herangehensweise, die Natur, Begegnung und Rückzug in den Mittelpunkt stellt. Der Entwurf interpretiert das Krankenhaus nicht als hermetisch funktionale Maschine, sondern als atmende Struktur mit menschlichem Maßstab. Die Konzeption setzt bewusst auf Gegensätze – Beton und Holz, Offenheit und Intimität, Innen und Außen – um ein heilungsförderndes Umfeld zu schaffen, das sowohl Patient*innen als auch Personal respektiert.

Städtebau
Das Gebäude ist horizontal ausgerichtet. Zwei Atrien bilden den vertikalen Gegensatz, mit denen wir den Außenraum in das Gebäude wachsen lassen wollen. Es besteht aus zwei Teilen, ein dreigeschoßiger linker Teil und ein viergeschoßiger rechter Teil, die durch ein gemeinsames Ankommen in einer zentralen Eingangshalle miteinander verbunden sind. Eine abgestufte Höhenentwicklung sorgt dafür, dass das Gebäude in Richtung des Krankenhausareals niedriger wird, um nicht mit den benachbarten Gebäuden zu konkurrieren. Die Höhenlage unseres Gebäudes wurde so gewählt, dass der Haupteingang und das vordere Atrium ebenerdig vom Bestandsgelände zugänglich sind. Dadurch ist der 4-Geschoßige Gebäudeteil in etwa gleich hoch wie das dahinter liegende Bestandsgebäude und bettet sich gut in die Umgebung ein. Der Eingang im Südosten des Gebäudes ist von jeder Ankommensseite klar ersichtlich und bildet gemeinsam mit den Atrien die zentralen Schnittstellen zwischen Außen- und Innenraum.

Kernpunkte des Entwurfs:​
Verwachsen Innen- und Außenraum
Großzügige Verglasungen, Nischen, Freiräume, heben die Grenze von Innen und Außen auf. Dadurch können Veränderungen von Tages- und Jahreszeiten im Gebäudeinneren bewusst erlebt werden.
Durchblicke
Verglasungen am Ende der Gänge ermöglichen einen ständigen Blick ins Freie. An jedem Punkt im Gebäude sind Ausblicke ins Grüne möglich, die das Gefühl von Offenheit und Orientierung fördern.
Rundgänge
Das Konzept der Rundgänge ist des Weiteren zentral für das Gebäude. Sie ermöglichen eine selbstbestimmte Bewegung, sei es durch Innenwege oder auf den Laubengängen in den verschiedenen Geschoßen.

Grundrissorganisation:​
Erdgeschoß
Über eine zentrale Vorplatzzone gelangt man in eine zentrale Eingangshalle, die einen Raum für das Ankommen in der Mitte des Gebäudes schafft. Diese Halle schafft eine einfache Übersicht, Orientierung und einen direkten Blick auf die Haupterschließung. Zwei Atrien definieren den Grundriss, wobei je ein Atrium von einer anderen Funktion umgeben ist. Im rechten Gebäudeteil befindet sich die Ambulanz, die von der zentralen Halle aus erschlossen wird. Für Rettungstransporte und Isolationsfälle gibt es einen separaten Eingang im Norden. Innerhalb der L-förmigen Struktur ordnen sich die unterschiedlichen Bereiche der Bestell- und Akutambulanz an. Durch die tiefen Grundrisse entstehen Raumboxen, die Personal- und Patientenwege trennen und kurze Wege ermöglichen.  In diesem streng funktionalen Bereich des Gebäudes war es uns wichtig, angenehme, kollektive Wartebereiche zu schaffen, die mit dem Atrium verschwimmen.
Die Intensivstation befindet sich im linken Gebäudeteil und verfügt über separate Eingänge für Besucher*innen, Personal und Patient*innen. Die fünf Intensivzimmer sind durch eine Pflanzenschwelle an der Fassade charakterisiert, ein bepflanztes Parapet, das den Blick ins Grüne ermöglicht und zugleich eine Privatheit zwischen Innen- und Außenraum schafft. Die zentrale Positionierung des Stützpunktes gewährleistet eine optimale Übersicht und Überwachung der Patient*innen. Das Atrium bietet Besucher*innen einen Rückzugsort, um dem belastenden Alltag und der angespannten Atmosphäre der Intensivstation zu entkommen.
Die Logistik erfolgt funktionsübergreifend im angrenzenden Teil zum Nachbargebäude getrennt zum allgemeinen Krankenhausablauf. Ein Aufzug verbindet die Hauptzentrale im Untergeschoß mit den darüberliegenden Geschoßen, wodurch Ver- und Entsorgung effizienter abläuft.
1. & 2. Obergeschoß
In den Regelgeschoßen befinden sich jeweils zwei Stationen. An das zentrale Ankommen in der Mitte grenzen die von beiden Stationen genutzten Personalräume. Die Patient*innenzimmer der Stationen unterscheiden sich in ihrer Ausrichtung, um auf die individuellen Bedürfnisse der Patient*innen einzugehen:​ Einige befinden sich an der Außenfassade, andere sind entlang des Atriums angeordnet. Die Zimmer sind als 4-Bett-Zimmer konzipiert, um eine kompakte Lösung und dadurch mehr Raum für Aufenthalt außerhalb der Zimmer zu schaffen – immer mit der Möglichkeit, sich zu begegnen oder zurückzuziehen, je nach persönlichem Bedürfnis. An der Außenfassade befinden sich „öffenbare Pflanzenfenster“ in Richtung Laubengang, wohingegen am Atrium gelegene Zimmer durch ein „Lavendelfenster“ gekennzeichnet sind. Als Einschnitte in den Innenraum bieten sie auch liegenden Patient*innen einen direkten Blick auf Pflanzen. Die Pflegezimmer sind durch die Hängegärten und Bepflanzungen im Atrium mit der Natur verbunden. Dabei geht es uns nicht nur um den Ausblick, sondern auch um die beruhigende Wirkung durch den Geruch des Lavendels. Der Gemeinschaftsraum als „Treffpunkt am Eck“ dient als zentraler Ort für Gespräche und sozialer Interaktion. Entlang der Rundgänge befinden sich Sitzbänke, aber auch Nischen, die als Rückzugsorte oder als Nebenräume genutzt werden. Der „Sonnenflur“ im Süden verbindet den Innenraum mit der Natur und sorgt im Atrium für eine atmosphärische Lichtstimmung. Der Laubengang rund um das Gebäude gibt den Patient*innen Raum für Bewegung an der frischen Luft. Bewegung fördert den Heilungsprozess und somit das Wohlbefinden.
3. Obergeschoß
Im 3. Obergeschoß befindet sich Personal- und Verwaltungsräume. Es ist im Open-Office-Stil gestaltet, um dem Personal einen großzügigen und flexiblen Arbeitsbereich zu bieten. Im vorderen Bereich befinden sich die Räume mit Parteien-/Personalverkehr, während der hintere Bereich ruhige Arbeitsplätze sowie Aufenthaltsräume für das Personal umfasst. Von diesem Geschoß aus ist auch die Dachterrasse zugänglich, die sowohl von Patient*innen und Besucher*innen als auch vom Personal genutzt werden kann. Auf der begrünten Fläche bieten zwei gestaltete Inseln Aufenthaltsbereiche.

Tragwerk
Das Erdgeschoß bildet einen funktionalen Stahlbetontisch, auf dem der Holzskelettbau der oberen Geschoße gestellt wird. Der Skelettbau schafft Flexibilität für zukünftige Umnutzungen und unterstützt das Konzept, mit Ausblicken, Durchblicken, Licht und der Verbindung zur Natur zu arbeiten. Ein sich wiederholendes Raster von 7 x 7 m bzw. 7 x 2,5 m, basierend auf den Maßen der Pflegezimmer und zieht sich durch alle Geschoße. Das Haupttragwerk besteht aus BSH-Stützen und -Trägern, zwischen denen Fertigteilmodule der Holz-Beton-Verbunddecke mit Holzbalken spannen, die je nach Raumgestaltung sichtbar oder durch abgehängte Decken verdeckt werden. Die Deckenbalken sind so ausgerichtet, dass sie stets zur Fassade hin spannen und Leitungen im Gangbereich gebündelt verlaufen können. Die Dachkonstruktion besteht aus einem Trägerrost, von dem die Balkone an Zugseilen abgehängt werden. Diese vorgelagerte, unabhängige Konstruktion aus mit Holzbalken ausgefachten Stahlprofilen verleiht der Fassade Tiefe, Dynamik und Leichtigkeit. An der Fassade zeigt den unterschiedlichen Umgang mit Parapethöhen (Pflanzenfenster, Schiebetür und Sitzfenster im Innenraum) und das lebendige Miteinander rund um das Gebäude.

Nachhaltigkeit
Der Entwurf setzt Holz materialgerecht ein, indem es erst ab dem ersten Obergeschoß zur Anwendung kommt. Das Erdgeschoß besteht aus Stahlbeton, um typische Problemstellen im Holzbau, wie etwa Feuchtigkeitsbelastungen oder hohe statische Beanspruchungen im Sockelbereich, gezielt zu vermeiden. Auf massive Brettsperrholzwände wird bewusst verzichtet. Stattdessen wird Holz als Hochleistungswerkstoff in einem Skelettbau materialsparend eingesetzt. Die tragende Struktur wird mit leicht teilbaren, nichttragenden Rahmenbau-Elementen gefüllt. Diese Bauweise ermöglicht eine flexible Raumaufteilung, spart Ressourcen und entspricht dem Prinzip eines konstruktiv sinnvollen und nachhaltigen Holzbaus. Die Holz-Beton-Verbunddecken kombinieren die Vorteile beider Materialien:​ die thermische Masse und Tragfähigkeit von Beton mit der Leichtigkeit und ökologischen Qualität von Holz. Zudem ermöglichen vorgefertigte Elemente eine ressourcenschonende Bauweise und hohe Rückbaubarkeit. Die sichtbaren Holzelemente schaffen nicht nur ein gesundes Raumklima, sondern fördern auch das Wohlbefinden der Nutzer*innen – ein zentraler Aspekt nachhaltiger Architektur.

Der Entwurf „Lichtblick“ schafft eine Balance zwischen Beton und Holz, Offenheit und Rückzug, Innen- und Außenräume. Der Entwurf antwortet auf die drängenden Fragen der Nachhaltigkeit im Bauwesen und sieht Healing Architecture als neue Strategie für die zukünftige Krankenhausplanung. Ein „Lichtblick“, der für den Blick in Natur, Hoffnung und Zuversicht steht.

Nachhaltigkeit

Im Entwurf „Lichtblick“ spielt Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle, wobei die Prinzipien von Effizienz, Konsistenz, Suffizienz und Cradle to Cradle gezielt ineinandergreifen. Effizienz zeigt sich im materialgerechten Einsatz von Holz:​ Es wird erst ab dem ersten Obergeschoß verwendet, während das Erdgeschoß in Stahlbeton ausgeführt ist, um bauphysikalisch kritische Bereiche wie Sockelzonen vor Feuchte und hohen Lasten zu schützen. Die Tragstruktur aus einem Holzskelettsystem ermöglicht eine reduzierte Materialverwendung bei gleichzeitig hoher Funktionalität und Flexibilität. Konsistenz wird durch die bewusste Materialwahl verfolgt:​ Auf nicht rückbaufähige und ökologisch bedenkliche Elemente wie massive Brettsperrholzwände wird verzichtet. Stattdessen wird mit sortenrein trennbaren, vorgefertigten Rahmenbauelementen gearbeitet, die die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft und des Cradle to Cradle-Prinzips berücksichtigen. Suffizienz zeigt sich in der kompakten, nutzungsorientierten Planung, die auf das Wesentliche reduziert ist, ohne räumliche Qualität oder Aufenthaltsqualitäten zu verlieren. Die gemeinschaftliche Nutzung von Räumen, die natürliche Belichtung über Atrien, die Verbindung von Innen- und Außenraum sowie die Begrünung von Laubengängen und Dachflächen schaffen ein mikroklimatisch wirksames Umfeld, das technische Systeme reduziert. „Lichtblick“ steht so für ein Krankenhaus der Zukunft, das ökologische Verantwortung mit architektonischer Klarheit verbindet.

Schlagworte

Healing Architecture, Krankenhaus, Holzbau, nachhaltige Architektur, Gesundheit, Atrium, Solitärbau, Natur, Hybridbau, Sklettbau

Objektdetails

Gebäudespezifische Merkmale

Anzahl Betten

138

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