Architekturobjekt 2 von 1.134

Architekturobjekte


In Transit - Transformation Hauptbahnhof Braunschweig

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Abend im Bahnhofsquartier - In Transit - Transformation Hauptbahnhof Braunschweig

© Thilo Schlinker

Zu den Gleisen - In Transit - Transformation Hauptbahnhof Braunschweig

© Thilo Schlinker

In Transit - In Transit - Transformation Hauptbahnhof Braunschweig

© Thilo Schlinker

Im Umbau - In Transit - Transformation Hauptbahnhof Braunschweig

© Thilo Schlinker

Picknick im Gleispark - In Transit - Transformation Hauptbahnhof Braunschweig

© Thilo Schlinker

Collage - In Transit - Transformation Hauptbahnhof Braunschweig

© Thilo Schlinker

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

09.2024

Gebäudedaten

Bauweise

Holzbau

Tragwerkskonstruktion

Holz

Anzahl der Vollgeschosse

6- bis 10-geschossig

Raummaße und Flächen

Nutzfläche

35.000 m²

 

Verkehrsfläche

5.000 m²

Beschreibung

Objektbeschreibung

Der Entwurf sucht Antworten auf die Frage wie sich ein Bahnhof heute und in Zukunft besser in eine sich wandelnde Stadt integrieren lässt und gleichzeitig seine Rolle als Transithub attraktiver erfüllen kann.
Der Hauptbahnhof Braunschweig wird von einem übersichtlichen, aber wenig in die Stadt integriertem Bahnhof zu einem diversen Knotenpunkt zwischen Innenstadt und entstehender Südstadt transformiert. Ein modulares Holztraggerüst erweitert in vier Gebäudeteilen den Bestandsbahnhof um einen Südeingang eine neue Bahnhofshalle und einen vergrößerten Bahnsteigszugang. Durch ein „gewebtes“ Fassadenbild gewinnt die große Fassadenfläche an Detail und wirkt weniger massiv.
Gleichzeitig bietet die Struktur mit unterschiedlicher Rasterung und Geschossigkeit in den einzelnen Gebäudeteilen der Stadt die Möglichkeit, mit dem Bahnhof zu verwachsen. Innerhalb der großzügigen Atrien treffen unterschiedlichste Nutzer der Struktur aufeinander und tragen zu einer kreativen und vielfältigen Gemeinschaft bei.
Basierend auf einem robotisch fabrizierten Standardknotenddetail lässt sich die Struktur nach Bedarf vergrößern oder verkleinern. Alle Bauteile sind vorfabriziert und können in anderen Konfigurationen wiederverwendet werden. Für das Brettschichtholz könnte „Käferholz“ aus dem großflächig befallenen Harz verwendet werden.
Die einfache und robuste Struktur ist auf lange Sicht wandel- und nutzbar und trägt somit nachhaltig zur Stadtentwicklung bei.

Beschreibung der Besonderheiten

Prosa
Was ist meine Aufgabe? Natürlich ist meine Aufgabe die Menschen in Empfang zu nehmen, die aus aller Welt zu uns kommen und die, die sie verlassen sicher und bequem zu ihrem Wagen zu leiten.
Aber ist das alles? Sollte da nicht mehr sein? So viele Begegnungen so unterschiedlicher Menschen, jeden Tag. Und jede nur ein flüchtiger Moment. Keiner bleibt länger als er muss bei mir.
Ich verstehe sie wohl. Es zieht. Auf den Bahnsteigen, in den Gängen, am Bussteig. Die Bänke sind ungemütlich. Der Kaffee teuer. Zur Ruhe kommt erst recht niemand.
Aber das wäre auch verkehrte Welt, ich sollte die Leute doch weiterbringen oder etwa nicht?
Ich frage mich, ob sich jemand freut mich zusehen. Vielleicht die Menschen, die aus der Stadt kommen und schnell zu ihrem Zug finden. Aber sicher nicht die, die vor einer leeren Fensterfront ankommen und sich in Massen die viel zu schmalen Treppen hinab drängen, um dann von einem finsteren Tunnel orientierungslos in Richtung Stadt ausgespuckt zu werden.
Nix wie weg hier.
Doch der erste Eindruck zählt. Kleider machen Leute und Gebäude die Stadt. Ich bin das erste Gebäude, was die Menschen sehen, wenn sie in die Stadt kommen.
Doch ich bin verdammt dazu ihnen den Rücken zuzukehren. Wie gern würde ich sie willkommen heißen. Und gern würde ich ihnen Raum bieten. Raum für Arbeit, Raum für Kunst, Raum für Begegnung;
Raum für Leben.

Bahnhof und Stadt
Bahnhöfe sitzen meist an zentraler Lage in der Stadt. Eine gute Erreichbarkeit ist sowohl für die Stadt als auch die Eisenbahn wichtig. Gleichzeitig sind Bahnhöfe und die zugehörigen Gleisanlagen so groß wie ganze Stadtzentren. Die Gleise zerschneiden das Stadtgefüge, egal in welcher Lage immer in zwei Teile, nicht selten entsteht dabei eine benachteiligte Rückseite.
Auch in Braunschweig ist das der Fall. Der Bestandsbahnhof, in seiner ursprünglichen Konzeption nur Richtung Innenstadt gerichtet, schneidet den Süden der Stadt von dieser ab.
Durch den Rückbau der autogerechten Stadt und die Entwicklung sowohl des Bahnhofquartiers nördlich des Bahnhofs und der Bahnstadt südlich des Bahnhofs rückt der Braunschweiger Hauptbahnhof in das Zentrum der aktuell größten städtebaulichen Veränderung innerhalb der Stadt. Als verbindendes Element dieser beiden Teile kommt ihm eine besondere Rolle zu.

Grundbaustein
Das Grundmodul der Struktur bildet das Knotendetail des Holzgerüsts. Durch das Zusammenführen der Tragebenen in einem Punkt wird der Selbstausbau entscheidend vereinfacht. Das dafür notwendige komplexe Verbindungsdetail, welches rein mit Holzverbindern auskommt, wird durch die Zuhilfenahme von robotischer Fertigung in Masse möglich. Dafür werden spitze Innenecken des Details abgerundet, um einfacher fräßbar zu sein.
Um bei einer zukünftigen Wiederverwendung der Bauteile einen größtmöglichen Spielraum zu haben, wurde großer Wert auf die Modularität des Systems gelegt.

Querschnitt der Stadt
Als künftiges Bindeglied zwischen Innenstadt und neuem Bahnhofsviertel bzw. Südstadt rückt die Stadt innerhalb der Struktur direkt an die Gleise heran. Als Reisender steigt man direkt in der Stadt aus, was einen polaren Gegensatz zu der aktuellen Bestandssituation darstellt.
Der Reisebetrieb ist eng mit dem städtischen Treiben in der Struktur verwoben. Es kommt zwangsläufig zur Begegnung von Reisenden und Bewohner bzw. Nutzern der Struktur da sie dieselben Geschäfte und Dienstleistungen verwenden.
Dadurch, dass die Nutzungsmischung in der Struktur auch immer direkt ein Abbild der umgebenden Stadt darstellt, unterscheidet sich der Bahnhof von den bekannten Beispielen der „Einkaufszentren mit Gleisanschluss“. So dient der Bahnhof in erster Linie nicht sich selbst sondern der Ihn umgebenden Stadt. Der neue Bahnhof ist damit keine Parallelwelt, sondern ein Querschnitt der Stadt und Knotenpunkt zwischen zwei Stadtteilen.

Gemeinschaft in der Struktur
Im Inneren der Struktur entsteht durch die zugrunde liegende Nutzungsoffenheit der Struktur eine diverse und lebhafte Gemeinschaft. Die räumliche Nähe von Wohnen, Handwerk, Freizeit- und Bildungseinrichtungen sorgt für ein lebhaftes Miteinander und eine Struktur voller Aktivität.
Morgens könnte der Weg zur Arbeit, mit einem kurzen Stopp beim Bäcker in der Brücke, einmal quer über die Gleise führen. Mittags kommt die Oma mit dem Zug zu besuch. Nach dem gemeinsamen Mittagessen im Cafe am Gleispark ruht sie sich in der Wohnung aus bis die Kinder von der Schule kommen. Während Oma mit den Kindern zum Basketball spielen in die Sporthalle geht, nutzen die Eltern die Gelegenheit und besuchen ein Kammerkonzert im Musiksaal im fünften Stock. Im Anschluss treffen sich alle mit ein paar Nachbarn Atrium zum gemeinsamen Abendessen.
So entsteht durch die räumliche Nähe der Gebäudeteile im Austausch der unterschiedlichen Nachbarn eine lebendige Hausgemeinschaft, die mehr bietet als die Summe ihrer Einzelteile.

Aneignung und Ausbau
Zentraler Bestandteil des Entwurfsprinzips ist, dass die Nutzer, die Ihnen zu Verfügung stehende Fläche frei auf ihre Bedürfnisse anpassen können. Dafür wurde alles auf eine simple Innengeometrie ausgelegt, die den Ausbau vereinfacht. Die grundsätzlich nutzungsoffene Struktur bleibt damit flexibel was eine nachhaltig lange Nutzung trotz sich wandelnder Anforderungen der Stadt und der Nutzer ermöglicht.
Um außerhalb der Nutzungseinheiten trotzdem einen einheitliche Gestaltungskanon zu gewährleisten, bildet ein modulares Wandsystem den Abschluss der Einheiten zur inneren Erschließung. Das System basiert genauso wie die Einheitengröße auf einem Raster von 62,5 cm, welches genau den Maßen handelsüblicher Holzbaustoffen entspricht. Doppelt hohe Nutzungseinheiten ermöglichen darüber hinaus auch eine flexible Höhengestaltung der Einheiten und verringern die Grundkosten der Struktur. Durch dichte Anordnung der Steigschächte ist außerdem eine freie Anordnung der Sanitäranlagen gegeben.

Hierarchie der Struktur
Das Gebäude entsteht in mehreren Ebenen. Grundlegend ist das hölzerne Tragskelett, welches durch Wandscheiben und Deckenplatten ausgesteift wird. Als erster Abschluss gegen Wind und Wetter folgt die äußere Haut, die wie ein Textil mit dem Skelett verwoben ist. Sie schützt die Struktur vor direkter Beregnung und ist gleichzeitig offen genug um die dahinterliegenden Nutzungseinheiten ausreichend mit Luft und Licht zu versorgen und ein schnelles Abtrocknen zu ermöglichen.
Darauf folgt als dritte Ebene die modulare Systemfassade. Sie bildet den räumlichen und thermischen Abschluss der einzelnen Nutzungseinheiten. Durch das Modulsystem ist ein stimmiges Gesamtbild bei gleichzeitig Individueller Gestaltung möglich.
Als vierte Ebene folgt der Selbstausbau der Nutzer, für den innerhalb der Parzelle vollkommene Freiheit gegeben ist. Selbst der Boden der einzelnen Einheiten kann individuell gestaltet werden. Überhohe Geschosse ermöglichen den Einbau eines zweiten Geschosses.


Aus der Veröffentlichung des Hochschulpreises Holzbau 2025:​ "Als Erweiterung eines denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes aus den 60er-Jahren bildet die durchdachte Setzung der Gebäudekörper einen Zwischenraum, dessen Volumen eine gleisüberspannende Bahnhofshalle entstehen lässt. Das großformatige Gebäudeensemble demonstriert selbstbewusst die Leistungsfähigkeit des mehrgeschossigen Holzbaus und bleibt weitgehend in einer für den Holzbau typischen Formensprache. Die stringente Durcharbeitung der Konstruktion auf der Grundlage eines traditionellen japanischen Holzknotens „Yatoi hozo sashi“ überzeugt die Jury."

Auszeichnungen

3. Preis Hochschulpreis Holzbau 2025

Schlagworte

Holz, Skelettbau, Skelett, Holzskelettbau, Bahnhof, Transformation, Mischnutzung, Flexibel, Flexibilität

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