Heinze ArchitekturAWARD 2025: Teilnehmer
Historischer Vierkanthof - Schopdickshof - Energieeffizienzdenkmal am Niederrhein
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Kraus Arch. & Ing. Köln GmbH
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Sanierung / Modernisierung
Fertigstellungstermin
10.2024
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Bauweise
Mauerwerksbau
Tragwerkskonstruktion
Ziegelmauerwerk
Anzahl der Vollgeschosse
2-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
4.841 m³
Bruttogrundfläche
1.340 m²
Nutzfläche
1.273 m²
Wohnfläche
1.067 m²
Beschreibung
Objektbeschreibung
Behutsame Transformation eines historischen Kulturguts in modernen Wohnraum
Der denkmalgeschützte Vierkanthof in Rheinberg, Nordrhein-Westfalen, wurde in einer umfassenden Sanierung von 2022 bis 2024 behutsam zu einem zeitgemäßen Wohnensemble transformiert. Das Projekt vereint denkmalgerechten Substanzerhalt mit moderner Wohnqualität und innovativen ökologischen Lösungen auf einer BGF von 1.339,68 m².
Konzept und Vision
Die grundlegende Vision des Projekts bestand darin, die charakteristische Kubatur und die historische Substanz des Vierkanthofs zu bewahren und gleichzeitig attraktiven Wohnraum in idyllischer Umgebung zu schaffen. Die Revitalisierung folgte dem Prinzip maximaler Substanzerhalt bei behutsamer Integration zeitgemäßer Funktionen. Die charakteristische geschlossene Vierkanttypologie mit dem zentralen Innenhof wurde als identitätsstiftendes Element erhalten und aufgewertet.
Architektonischer Ansatz
Der architektonische Ansatz zeichnet sich durch eine zurückhaltende Interventionsstrategie aus. Statt auffälliger Neubauelemente wurden die historischen Strukturen respektvoll weiterentwickelt. Besonders bemerkenswert ist der Verzicht auf Dachgauben zugunsten flächenbündiger Cabrio-Dachfenster, die sich harmonisch in die Dachlandschaft einfügen und dennoch optimale Belichtung sicherstellen und auf die historische Kubatur des Vierkanthofes erhalten zu können. Zudem wären die Gauben aus denkmalpflegerischer Sicht störend gewesen.
Im Inneren wurden die Grundrisse unter Berücksichtigung der historischen Raumstrukturen behutsam an zeitgemäße Wohnbedürfnisse angepasst. Die Erhaltung der charakteristischen Deckenkonstruktionen und Wandoberflächen wurde dabei konsequent berücksichtigt.
Bautechnische Maßnahmen und Nachhaltigkeit
Als KfW-Denkmaleffizienzhaus vereint das Projekt Denkmalschutz mit energetischer Optimierung. Die Verwendung von Multipor als kapillaraktives, diffusionsoffenes Dämmmaterial schafft ein ausgezeichnetes Wohnraumklima bei gleichzeitiger energetischer Verbesserung. Die Wärmeversorgung erfolgt durch ein ressourcenschonendes System mit Pelletheizung, ergänzt durch Fußbodenheizung zur schonenden Temperierung der historischen Bausubstanz.
Besonders innovativ sind die autarken Versorgungslösungen: Da keine Anschlussmöglichkeit an kommunale Netze bestand, wurde eine nachhaltige Wasserversorgung über einen Trinkwasserbrunnen mit regelmäßiger Qualitätskontrolle realisiert. Die Abwasserbehandlung erfolgt über eine umweltfreundliche Pflanzenkläranlage. Regenwasser wird in Muldenrigolen zur Versickerung gebracht und dem natürlichen Wasserkreislauf zugeführt.
Materialität und Details
Die Materialauswahl folgt dem Prinzip der Authentizität und Bestandsverträglichkeit. Historische Böden wurden, wo immer möglich, erhalten und restauriert. Neue Oberflächen und Einbauten interpretieren die historische Formensprache zeitgemäß, ohne in Historisierung zu verfallen. Die behutsame Integration moderner Haustechnik erfolgte unter größtmöglicher Schonung der denkmalgeschützten Substanz.
Außenanlagen und Kontext
Die Außenanlagen wurden in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde entwickelt und folgen dem landschaftspflegerischen Begleitplan. Besonderes Augenmerk lag auf der Integration der neuen Carport-Anlage in Holzbauweise sowie der zurückhaltenden Gestaltung der Terrassen und Wegeflächen. Der historische Innenhof mit seinem geplanten Springbrunnen bildet das gemeinschaftliche Zentrum der Anlage.
Bedeutung und Fazit
Das Projekt demonstriert beispielhaft, wie historische Bausubstanz durch behutsame Transformation neuen Nutzen erhalten kann, ohne ihren kulturellen Wert zu verlieren. Die Revitalisierung des Vierkanthofs in Rheinberg verbindet Denkmalschutz, ökologische Nachhaltigkeit und modernen Wohnkomfort zu einem ganzheitlichen Konzept. Es leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung baukulturellen Erbes und zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung.
Nachhaltigkeit
Projektüberblick
Die denkmalgerechte Revitalisierung des historischen Vierkanthofs zeigt exemplarisch, wie Denkmalschutz und energetische Effizienz erfolgreich vereint werden können. Das Projekt schafft 10 Wohneinheiten für gemeinschaftliches Wohnen und erreicht dabei den KfW-Effizienzhaus-Denkmal-Standard durch eine durchdachte Kombination aus Effizienz-, Konsistenz- und Suffizienz Strategien.
1. Effizienz: Maximaler Nutzen bei minimalem Ressourceneinsatz
Energetische Ertüchtigung
Dämmkonzept mit Multipor:
- Einsatz von Multipor-Kalziumsilikat-Dämmplatten als denkmalverträgliche Innendämmung
- Erhalt der historischen Fassadencharakteristik bei deutlicher Verbesserung der Wärmedämmung
- Schaffung eines ausgezeichneten Raumklimas durch die dampfdiffusionsoffenen Eigenschaften des Materials
- Vermeidung von Wärmebrücken und Feuchtigkeitsproblemen
Effiziente Heiztechnik:
- Zentrale Pelletheizung als CO₂-neutrales Heizsystem
- Fußbodenheizung in allen Wohnungen für gleichmäßige Wärmeverteilung bei niedrigen Vorlauftemperaturen
- Optimale Kombination aus erneuerbarer Energie und effizienter Wärmeabgabe
Bausubstanzerhalt:
- Vollständige Erhaltung der historischen Kubatur
- Maximale Nutzung der vorhandenen Bausubstanz reduziert Materialverbrauch und Abfall drastisch
- Bestandserhalt als höchste Form der Ressourceneffizienz
2. Konsistenz: Kreislaufwirtschaft und naturverträgliche Materialien
Materialkreisläufe
Bestandsintegration:
- Systematische Wiederverwendung aller erhaltungsfähigen Bauteile
- Historische Balken, Sichtmauerwerk und traditionelle Baumaterialien bleiben im Kreislauf
- Vermeidung von Abbruchmaterial durch intelligente Sanierungsplanung
Naturverträgliche Baustoffe:
- Multipor aus natürlichen Rohstoffen (Kalk, Sand, Zement) ohne schädliche Zusätze
- Kompatibilität mit der historischen Bausubstanz aus natürlichen Materialien
- Rückbaubarkeit und Recyclingfähigkeit der eingesetzten Dämmmaterialien
Regionale Wertschöpfung:
- Bevorzugung von Handwerksbetrieben aus der Region für kurze Transportwege
- Reduzierung der CO₂-Emissionen durch Transport
- Stärkung der lokalen Wirtschaftsstruktur
3. Suffizienz: Bedarfsorientiertes und gemeinschaftliches Wohnen
Flächeneffizienz durch Gemeinschaft
Gemeinschaftskonzept:
- 10 Wohneinheiten ermöglichen effiziente Flächennutzung durch geteilte Infrastruktur
- Gemeinschaftsräume reduzieren individuellen Flächenbedarf
- Soziale Nachhaltigkeit durch bewusst gewählte Nachbarschaft und gegenseitige Unterstützung
Infrastrukturteilung:
- Zentrale Heizanlage für alle Wohnungen
- Gemeinsame technische Anlagen reduzieren Ressourcenverbrauch
- Pflanzenkläranlage als gemeinschaftliche, naturnahe Abwasserlösung
Bedarfsorientierte Lösungen:
- Anpassung an lokale Gegebenheiten (keine Kanalanschlussmöglichkeit)
- Pflanzenkläranlage als nachhaltige Alternative zu herkömmlicher Abwasserentsorgung
- Dezentrale Lösungen reduzieren Infrastrukturaufwand
6. Messbare Erfolge und Ausblick
Quantifizierbare Ergebnisse
Erreichen des KfW-Effizienzhaus-Denkmal-Standards
- Deutliche Reduzierung des Primärenergiebedarfs gegenüber unsaniertem Zustand
- Vermeidung von Abbruchmaterial durch 100%igen Bestandserhalt der Kubatur
- CO₂-Einsparung durch regionale Handwerker und kurze Transportwege
Das Projekt demonstriert, dass denkmalgeschützte Gebäude ohne Verlust ihrer kulturellen Identität zu effizienten, nachhaltigen Wohngebäuden entwickelt werden können. Es zeigt einen Weg auf, wie ländliche Strukturen revitalisiert und für zukunftsfähiges, gemeinschaftliches Wohnen genutzt werden können.
Energetische Kennwerte
Energiestandard
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Sonstige Biomasse
Energetische Kennwerte
Primärenergiebedarf ("Gesamtenergieeffizienz")
38,10 kWh/(m²a)
Objektdetails
Gebäudespezifische Merkmale
Anzahl Wohneinheiten
10
Objekte in der Umgebung
Ähnliche Objekte