Heinze ArchitekturAWARD 2025: Teilnehmer
Court of the Living Earth - Internationaler Gerichtshof für die Rechte der Natur
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Hochschule Wismar, Architektur - Fakultät Gestaltung, Ben Passow
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Fertigstellungstermin
06.2025
Zeichnungen und Unterlagen
Gebäudedaten
Bauweise
Holzhybridbau
Tragwerkskonstruktion
Holz
Beschreibung
Objektbeschreibung
Ein Prototyp für eine neue architektonische Sprache
In einer Zeit, in der die Trennung zwischen Mensch und Natur tiefe ökologische und soziale Spuren hinterlässt, genügt es nicht mehr, dass Architektur „nachhaltig“ ist. Sie muss sich aktiv in natürliche Kreisläufe einfügen – nicht als dominierende Struktur, sondern als Partnerin des Lebendigen.
Wie kann Architektur sprechen – nicht über, sondern für das Lebendige?
Nicht allein für den Menschen, sondern auch für die Natur selbst?
Court of the Living Earth ist ein architektonischer Prototyp – kein Gebäude im klassischen Sinn, sondern ein vielstimmiger Raumkörper, der die Stimmen der Natur hörbar, sichtbar, erfahrbar macht.
Der Ausgangspunkt ist persönlich und materiell zugleich: mikroskopierte Kindheitsfundstücke – Steine, Erde, Pflanzenreste. Ihre inneren Strukturen zeigen poröse Netzwerke, schichtende Bewegungen, zirkulierende Systeme. Aus diesen Bildern entstehen durch künstliche Intelligenz hybride 3D-Modelle, die zugleich an Natur und Körper erinnern: Gewebe, Organe, Zellen. Architektur wird hier zur Übersetzung biologischer Prinzipien – zum Resonanzkörper des Lebendigen.
Diese Modelle wurden typologisch geordnet: nach Wachstum, Dichte, Offenheit, Oberfläche. Der entstehende Katalog ist kein formales Raster, sondern eine offene Grammatik des Lebendigen, aus der sich neue architektonische Systeme entwickeln lassen – wachsend, durchlässig, sensibel.
Inspiriert von der Gewaltenteilung entsteht ein dreigliedriges räumliches Prinzip:
Legislative – Sammlung, Analyse, Ausgangspunkt. Einzelne Strukturen agieren wie Organe, die gemeinsam ein komplexes architektonisches Ökosystem bilden.
Judikative – Resonanz, Urteil, Atmosphäre. Räume erzählen von Verletzlichkeit, vom Unsichtbaren, das spürbar wird.
Exekutive – Handlung, Transformation, Funktion. Das Gebäude wird zur Maschine des Lebens: es filtert, speichert, schützt – ein aktiver Teil ökologischer Prozesse.
So entsteht kein abgeschlossener Bau, sondern ein Gerichtshof als Erfahrungsweg:
Eine Raumfolge, die nicht urteilt, sondern spürbar macht.
Eine Architektur, die nicht belehrt, sondern berührt.
Der Court of the Living Earth ist nicht ortsgebunden, sondern ortssensibel.
Er folgt einem baukastenartigen Prinzip – seine wiedererkennbare Struktur wird durch Parameter wie Materialität, Maßstab, Öffnungsgrad oder Funktion an lokale Kontexte angepasst. Jeder Ort erzeugt seine eigene Variante: mal Archiv, mal Versammlungsort, mal temporäres Habitat.
So wird der Gerichtshof zum Symbionten der Natur:
Er verdrängt nicht, sondern integriert.
Er wächst nicht gegen, sondern mit dem Ort.
Und der Mensch?
Er ist nicht länger Richter über die Welt –
sondern ein Teil ihrer Stimme.
Beschreibung der Besonderheiten
Der Court of the Living Earth ist keine starre Institution, kein festgelegter Bau, sondern ein lebendiger Organismus, der sich mit seiner Umwelt verbindet, auf sie reagiert – und mit ihr atmet. Architektur wird hier nicht als abgeschlossener Zustand verstanden, sondern als aktiver Teil eines ökologischen Systems.
Der Gerichtshof besteht aus bis zu 15 klar definierten Typologien, die nicht einfach Gebäude sind, sondern funktionale Organe eines räumlichen Körpers. Jedes dieser Organe übernimmt innerhalb des Gesamtsystems eine bestimmte Rolle – sei es als Archiv, Erfahrungsraum, Energielabor, Vermittlungsort, Versorgungsstruktur oder Resonanzkammer.
Die Typologien wurden nicht frei erfunden, sondern aus mikroskopisch untersuchten Naturmaterialien abgeleitet – durch künstliche Intelligenz in räumliche Modelle überführt und anschließend in architektonisch rationalisierbare Strukturen überführt. So werden verborgene Prinzipien des Lebendigen – Wachstum, Porosität, Schichtung, Vernetzung – in Raum übersetzt.
Die besondere Qualität des Systems liegt in seiner radikalen Anpassungsfähigkeit:
Jede Typologie lässt sich durch konkrete Parameter – Maßstab, Material, Nutzung, Offenheit oder Dichte – an den jeweiligen Ort anpassen. Es ist ein baukastenartiges System, das nicht ortsgebunden ist, sondern ortsfühlig.
Einige Orte benötigen nur einzelne Elemente: mal drei, mal zehn. Was fehlt, wird nicht vermisst, sondern zeigt die Fähigkeit des Systems, sich zu reduzieren.
So entsteht ein Gerichtshof, der sich der Landschaft nicht aufzwingt, sondern sich ihr einfügt:
In hochalpinen Regionen wächst er zurückhaltend in die Topografie, in ruralen Gebieten vermittelt er zwischen Mensch und Umwelt, in verdichteten Städten nistet er sich parasitär in bestehende Gebäude ein – eine symbiotische Rückkehr der Natur in den urbanen Raum.
Was entsteht, ist keine Maschine – sondern ein Verhältnis:
zwischen dem Ort und dem, was ihn bedroht.
Zwischen dem Menschen und der Welt, die ihn trägt.
Zwischen Architektur und dem, was über sie hinausweist.
Der Court of the Living Earth ist nicht nur ein Gebäude –
er ist eine Antwort auf die Frage, wie Architektur Teil des Lebendigen werden kann.
Nicht als Repräsentation – sondern als aktive, heilende, hörende Struktur.
Nachhaltigkeit
Im Court of the Living Earth wird Nachhaltigkeit nicht als technische Checkliste verstanden, sondern als eine tiefgreifende Haltung des Zuhörens, Begreifens und Rückgebens. Architektur wird hier zur heilenden Instanz – nicht nur für den Menschen, sondern auch für die Orte selbst.
Einige Strukturen handeln funktional regenerativ: Sie sammeln Sonnenenergie, filtern Luft, gewinnen Wasser, fördern Biodiversität oder führen Materialien in natürliche Kreisläufe zurück. Diese Gebäude greifen aktiv in die ökologischen Systeme ein – nicht als Eingriff, sondern als Beitrag.
Andere Strukturen wirken emotional und atmosphärisch: Sie machen sichtbar, was verdrängt wurde – den Gletscherschwund, das Artensterben, den Verlust von Lebensräumen. Durch Raum, Licht, Material und Kontext entstehen Orte der Konfrontation, der Erinnerung und der Empathie. Hier schützt Architektur nicht durch Mauern, sondern durch Erfahrung.
Nachhaltigkeit wird so zum vielschichtigen Prinzip: technisch, atmosphärisch, sozial, ökologisch.
Nicht alles kann repariert werden. Aber manches kann sichtbar gemacht, verarbeitet oder bewusst erhalten werden. Manche Orte brauchen Energie – andere brauchen Aufmerksamkeit. Manche Orte brauchen Systeme – andere brauchen Stille.
Der Court of the Living Earth geht über Nachhaltigkeit im klassischen Sinn hinaus:
Er sieht Architektur nicht als Lösung – sondern als Teil eines Prozesses des Heilens.
Nicht dominant, sondern dienend.
Nicht monumental, sondern mitfühlend.
Nicht als Antwort – sondern als Frage an das Verhältnis zwischen Mensch und Welt.
Schlagworte
Beliebte Objekte
- Neu- und Umbau Goethe-Institut und DAAD in Kairo | Ägypten (1. BA)
- Umbau Kindergarten, Mastweg, Wuppertal
- Kita Fuldastraße
- De silento moventi - Ein Internat für Musik und Tanz
- Kindergarten Lindenlauch
- Neubau eines Technologie – und Bildungszentrums für Energieeffizienz und Barrierefreiheit TBZ
- Neubau Südflügel Schloss Wittenberg