Architekturobjekte

Heinze ArchitekturAWARD 2025: Teilnehmer


Ästhetik der Technik / Thermisches Zentrum

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Bauhaus Universität Weimar, Architektur, Jacqueline Seypelt

Modellfoto Innenraum - Ästhetik der Technik / Thermisches Zentrum

© Sophia Dinkel & Jacqueline Seypelt

Modellfoto Innenraum - Ästhetik der Technik / Thermisches Zentrum

© Sophia Dinkel & Jacqueline Seypelt

Modell 1:10 - Ästhetik der Technik / Thermisches Zentrum

© Sophia Dinkel & Jacqueline Seypelt

Perspektive Nachbarschaft - Ästhetik der Technik / Thermisches Zentrum

© Sophia Dinkel & Jacqueline Seypelt

Perspektive Dachgarten - Ästhetik der Technik / Thermisches Zentrum

© Sophia Dinkel & Jacqueline Seypelt

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Bauhaus Universität Weimar, Architektur, Jacqueline Seypelt

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

02.2024

Gebäudedaten

Bauweise

Holzhybridbau

Tragwerkskonstruktion

Holz

Anzahl der Vollgeschosse

3- bis 5-geschossig

Raummaße und Flächen

Bruttorauminhalt

5.240 m³

 

Bruttogrundfläche

1.530 m²

 

Nutzfläche

265 m²

 

Verkehrsfläche

170 m²

 

Wohnfläche

800 m²

 

Grundstücksgröße

950 m²

Beschreibung

Objektbeschreibung

Im Rahmen des Kurses „Ästhetik der Technik“ beschäftigen wir uns mit den Potenzialen von Lowtech-Systemen – nicht als bloßem technischen Zusatz, sondern als Ausgangspunkt einer architektonischen Haltung. Durch die Auseinandersetzung mit traditionellen Bauweisen und ökologischen Prinzipien haben wir verschiedene Referenzprojekte analysiert. Diese Beispiele dienten uns als Inspiration für die Verbindung von Raum, Material und Technik und bilden die konzeptionelle Grundlage unseres Entwurfs.

Wir befinden uns in einem Hinterhof im heutigen Berlin Neukölln, früher das Böhmische Dorf in Berlin-Rixdorf. Die städtebaulichen Strukturen, die einst das Dorf definierten, sind auch heute noch deutlich erkennbar und prägend für das jetzige Quartier, das im Laufe der Jahre durch Blockbebauungen verdichtet wurde. Diese Mischung aus historischen Gebäuden und modernen Strukturen prägt das Erscheinungsbild und der große Unterschied in den Maßstäben der Gebäude ist uns auf dem Grundstück besonders aufgefallen. Auf der einen Seite die rückseitigen Brandwände der Blockbebauungen, die sich von den Innenhöfen abwenden und wenig einladend wirken, auf der anderen Seite die historischen Bauernhäuser in ihrer Kleinteiligkeit und dazwischen ein weitläufiger Hinterhof mit großem Grünbereich, der von den Bewohnern als Rückzugsort genutzt und liebevoll gepflegt wird.

Mit unserem Entwurf sehen wir uns in einer vermittelnden Rolle bezüglich des Bestands, der Natur und den Brandwänden. Unser Ziel ist es, die bereits bestehende Gliederung der Räume auf dem Grundstück genauer zu definieren und zu stärken, dabei aber auch Raum für neue Entwicklungen zu schaffen und die Nachbarschaft in das Geschehen einzubeziehen. Wir platzieren ein Ensemble von drei Gebäuden auf dem Grundstück:​ Das Gebäude A lehnt sich an die Brandwand an und öffnet sich zum Platz, um eine Verbindung zwischen der Blockbebauung und dem Platz herzustellen und der Brandwand ein Gesicht zu geben. Das Gebäude B steht frei auf der großen bereits bestehenden Wiese, öffnet sich zu allen Seiten und vermittelt zwischen Natur und Bestandsbebauung. Das Gebäude C wird an den Bestand gesetzt und ist als Erweiterung des alten Bauernhauses zu verstehen, es zieht sich hin zur hohen Blockbebauung und vermittelt durch seine Höhe zwischen beiden. Städtebaulich wird die Achse zwischen dem Richardplatz und der Böhmischen Straße durchbrochen, um die Durchwegung zu entschleunigen und die Freiräume zu stärken:​ Im Norden wird der Kulturgarten mit Wiese und Teich erhalten, mittig entsteht ein Platz, an dem alle drei Baukörper anschließen und im Süden wird der Werkhof gefasst.
Wir haben uns der Rolle des Vermittelns angenommen und auf dieser Grundlage unsere Wohnidee entwickelt. Wie treffen Innen- und Außenraum aufeinander, wo gibt es Schwellen und wie können diese aussehen? - Im Grundriss haben wir die Ecken der Gebäude als diesen Schwellenbereich definiert:​ Ein Raum, der sich durch Falttüren und einen Vorhang vom Außenbereich abschließen lässt, um Privatsphäre zu generieren, der aber auch geöffnet werden kann, sodass der Wohnraum zu einer großen Loggia wird und man sich gefühlt in der Natur befindet.
Zudem haben wir uns gefragt, ob es auch innerhalb einer Wohnung einen Ort gibt, der eine zentrale vermittelnde Position einnimmt. Kann ein Raum Verantwortung übernehmen? - Für die Organisation der Grundrisse kann Räumen entsprechend ihrer Funktion Verantwortung zugeschrieben werden. Durch die Positionierung eines zentralen Elements und bestimmter Raumabfolge, werden diese Verantwortungen sowohl auf sozialer als auch auf technischer Ebene in Verbindung gesetzt und es entstehen bewusste Raumgefüge und Abhängigkeiten in der Struktur. Wir verstehen die Küche als einen besonderen Ort in der Wohnung, als verbindendes Element und Versorger für alle anderen Räume. Sie ist in unserem Entwurf eine Art Hotspot, ein durch Bauteilaktivierung wärmender Körper, der angelehnt an die Vorstellung eines historischen Kachelofens alle umliegenden Räume beheizt. Die Küche als Dreh- und Angelpunkt im alltäglichen Leben übernimmt so neben ihrer sozialen Funktion als Ort des Aufeinandertreffens auch auf technischer Ebene eine zentrale Rolle.
In Grundriss und Schnitt ist deutlich erkennbar, dass die Küche in der Mitte jeder Wohnung angeordnet ist und alle anderen Räume von hier aus erschlossen werden. Um wie ein Kachelofen zu funktionieren, wird der Raum der Küche aus Lehmziegeln hergestellt und mittels Fußboden- und Wandheizung thermisch aktiviert. Durch eine Erhöhung des Bodens, setzt sich die Küche wie ein Körper in die Wohnung, in den Hohlräumen der Aufständerung ist Platz für Installationen und zusätzlich kann hier Luft zirkulieren. Zwei Wandscheiben rahmen den warmen Ort und ein thermischer Vorhang kann je nach Jahreszeit zusätzlich den zu beheizenden Raum einfassen.
Der Kachelofen wird nicht auf traditionelle Weise mit Feuer geheizt, sondern mittels Wärmepumpe betrieben, welche im Untergeschoss Platz findet und durch Photovoltaik auf dem Dach mit Energie versorgt wird. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach ist in Form einer Pergola ausgebildet, der Dachgarten wird dadurch geschützt und kann von den Bewohnern ganzjährig als Außenfläche genutzt werden.
In der Fassade wird der Charakter des Grundstücks aufgegriffen, alle drei Gebäude sind mit einer vertikalen, grün lasierten Holzlattung verkleidet und im Sockelgeschoss mit Kacheln belegt. Durch fein ausgebildete Details aus Metall in Geländern, Regenrinnen und im Sonnenschutz wirkt das Erscheinungsbild wie ein Gartenhaus und fügt sich in den Kontext. Unser Entwurf versteht sich nicht nur als Beitrag zur städtebaulichen Nachverdichtung eines historischen Ortes, sondern als Versuch, Architektur aus der Logik einfacher, ökologischer Systeme heraus zu entwickeln.

Beschreibung der Besonderheiten

Kann Raum Verantwortung übernehmen?

In der architektonischen Struktur lassen sich bestimmten Räumen Aufgaben zuweisen, die über ihre Nutzung hinausgehen. Durch die Setzung zentraler Elemente und klarer Raumabfolgen entstehen funktionale und soziale Abhängigkeiten. Räume übernehmen Verantwortung, indem sie verbinden, versorgen, orientieren. Die Küche ist ein Beispiel dafür. Sie ist nicht nur Ort des Kochens, sondern technischer und sozialer Knotenpunkt. Ihre Lage im Grundriss entscheidet darüber, wie sie wirkt – ob sie verbindet oder trennt, öffnet oder abschirmt. Als Verteiler, Speicher und Treffpunkt übernimmt sie Verantwortung für das Funktionieren des Hauses im Alltag. Historisch sichtbar wird diese Rolle am Kachelofen. Er war lange das Zentrum des Hauses:​ Heizquelle, Kochstelle, Trockenraum, Rückzugsort. Um ihn gruppierte sich das Leben. Seine zentrale Lage machte ihn zum räumlichen und kulturellen Mittelpunkt – ein Element, das zugleich Wärme spendete und soziale Nähe erzeugte. Diese Logiken sind nach wie vor relevant. Verantwortung entsteht nicht allein durch Funktion, sondern durch Stellung, Verbindung und Bedeutung im Gefüge. Es sind einfache, oft unscheinbare Elemente, die ein Haus tragen.

Die Küche wird im Entwurf zum Dreh- und Angelpunkt des alltäglichen Lebens, die sowohl die umliegenden Räume mit Wärme versorgt als auch soziale Begegnungen fördert. Auf diese Weise trägt die sie wesentlich zum Funktionieren der Wohnungen bei – als verbindendes Element, Versorger und thermisches Zentrum.

Nachhaltigkeit

Thermische Zentrum

Die Küche wird zum thermischen und sozialen Kern – ein räumlicher Knotenpunkt, der Atmosphäre erzeugt, funktionale Aufgaben übernimmt und die räumliche Struktur der Wohnung von innen heraus organisiert. In ihrer Ausbildung ist sie angelehnt an die Idee eines historischen Kachelofens:​ ein wärmender Körper, der in der Mitte des Hauses stand, Aufenthaltsqualität bot und gleichzeitig alle Räume mit Wärme versorgte. Der Entwurf transformiert dieses archetypische Element in einen zeitgemäßen, technisch aktivierten Mittelpunkt. Die Küche wird zum Speicher und Verteiler thermischer Energie – aber auch zum sozialen Raum der Begegnung, des Teilens und der Zirkulation.

Der Küchenraum ist als eigenständiger Baukörper innerhalb der Wohnung gedacht – ein kompakter Kern aus massiven Lehmziegeln, der auf einem leicht erhöhten Podest steht. Die Materialwahl ist bewusst gewählt:​ Lehm besitzt eine hohe thermische Masse, kann Wärme speichern und langsam wieder abgeben. In Kombination mit einer Bauteilaktivierung durch Wand- und Fußbodenheizung wird der Lehmkörper zur kontrollierten Wärmequelle.
Die Aufständerung des Küchenkörpers erlaubt sowohl die technische Erschließung als auch eine natürliche Luftzirkulation unterhalb des Körpers. Die räumliche Trennung durch das Podest macht die Küche somit nicht nur funktional, sondern verleiht ihr auch eine besondere Präsenz im Zentrum der Wohnung. Die Energie für die Bauteilaktivierung wird über eine Wärmepumpe im Untergeschoss bereitgestellt. Der notwendige Strom stammt aus einer Photovoltaikanlage, die auf dem Dach ausgebildet ist. Die technische Infrastruktur wird damit Teil der architektonischen Sprache. Die Küche als Wärmequelle funktioniert so autark im Ensemble, integriert sich in ein nachhaltiges Energiesystem und überträgt das historische Prinzip des Kachelofens auf eine zeitgenössische, ökologische Weise.
Ein weiterer Aspekt des Konzepts ist die räumlich-thermische Steuerbarkeit. Die umgebenden Räume können über raumhohe Vorhänge flexibel in den thermisch aktivierten Bereich einbezogen oder von ihm getrennt werden. So lassen sich Heizzonen  konfigurieren – ein Prinzip, das nicht nur Energie spart, sondern auch auf sich wandelnde Lebensgewohnheiten und Jahreszeiten reagiert. Im Sommer kann die Küche durch Öffnung der Vorhänge ein durchlüfteter Aufenthaltsraum bleiben. Im Winter wird sie zum geschlossenen, warmen Kern, um den sich das Wohnen gruppiert.

Die zentrale Lage der Küche ist kein Zufall, sondern ein strukturelles Prinzip:​ Sie bildet das Herzstück der Grundrissorganisation. Alle weiteren Räume – Wohnraum, Schlafräume, Bäder – gruppieren sich um diesen Kern. Dadurch entstehen kurze Wege, klare Abhängigkeiten, aber auch eine neue Qualität des Zusammenlebens:​ Die Küche ist kein abgetrennter Arbeitsraum, sondern ein resonanzfähiger Ort für der Kommunikation und Gemeinschaft. Sie ist ein Raum, der Verantwortung übernimmt – für das Klima im Kleinen wie im Großen, für soziale Nähe und technische Versorgung.

Schlagworte

Ästhetik der Technik, Kachelofen, Thermisches Zentrum, Lowtech-Konzept, Bauteilaktivierung, Lehmziegel

Energetische Kennwerte

Energetische Kennwerte

Primärenergie

Solarthermie

 

Sekundärenergie

Strom

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